Agri-kultureller FilmStreifzug
Einen dokumentarisch-agri-kultureller Streifzug durch Freiburg und seine Umgebung bietet der aktuelle Film „Sehnsucht nach Eden“ von Bodo Kaiser und Niels Kaiser.
In den Notzeiten nach dem Zweiten Weltkrieg, in denen Lebensmittel knapp waren, haben Stadtbewohner öffentliche Grünflächen in gemeinschaftliche Gemüsegärten verwandelt. Heute verwandeln vor allem junge Städter Freiflächen in Gärten – ganz ohne Not, einfach aus Lust. „Raus aus dem Büro, rein in den Garten“ – ist eine neue grüne Bewegung.
Der Film „Sehnsucht nach Eden“ zeigt Methoden, Arbeitstechniken und Organisationsformen des ökologischen Gartenbaus und gibt Einblicke in die Motivation der Gärtner und (Kleinst)Bauern.
Am Beispiel des Lebensgarten Dreisamtal in Burg am Wald und der Hofgemeinschaft Luzernenhof in Seefelden stellt der Film die innovative Bewegung „Solidarische Landwirtschaft“ vor.
Weitere Schauplätze sind:
das Stadttheater Freiburg mit Bambis Beet,
das Garten- und Tiefbauamt mit „Freiburg packt an„,
die Schrebergärten Wonnhalde und
die Gemeinschaftsgärten Wonnhalde, Pfadfinder DPSG Wiehre, Deicheleweiher, „Hebelgarten“ der Hebelschule Stühlinger, KiTa Violett Weingarten, Klostergarten Kartaus, Wandelgarten Vauban, GartenCoop Freiburg, Dachgarten Freiburg-Vauban, Haslach gärtnert (Josef Brandel Anlage), Sulzburger Straße, Klimagarten Allmende im Dietenbach Park, Freibohnen Transition Town Freiburg-St. Georgen, Begungsgarten am Rehbrunnen Beurbarung, „Essbares Rieselfeld“ in Freiburg-Rieselfeld, „Zusammen gärtnern Vauban“ am Dorfbach Freiburg-Vauban, „Essbar Stadt Waldkirch“ am Stadtrain, ua.
Sylvia Hämmerles artifizielle Überwucherungen, Lernbauernhof Kunzenhof Littenweiler, Acker von Landwirt Wolfgang Selinger Merdingen, Universität Freiburg, Agrikulturfestival 2015, Polit-Agrikultur Installation im Garten Siggi Held, Weinbauhänge am Batzenberg in Ebringen, Hildegard Garten Oberwinden im Elztal, Acker von Landwirt Oswald Schopp Merdingen,
Mitwirkende im Gespräch sind insbesondere: Herr und Frau Busch, Wolfgang Kuhlmann, Martina Maurer, Graham Smith, Peter Volz, Hans Kepler, Niels Kaiser, Thomas Gröschel, Monika Borodtko-Schmidt, Susanne Hennes, Christin Lange, Monica Lüers, Hartmut Wagner, Luciano Ibarra, Christina Franz, Myriam Winter, Walter Krögner, Dieter Schneyinck, Maryse Krebs-Stahl, Roman Götten, Sylvia Hämmerle, Gabriele Plappert, Susanna Christinck, Wolfgang Selinger, Niko Paech, Steffi Kolarov, Siegfried Jäckle, Johannes Supenkämper, Frau Eckerle, Siggi Held, Karin Parienti, Stefanie Koch, Johanna Dangel, Linda, Eckard Zimmermann, Edith Fehrenbach, Thomas Bührer, Oswald Schopp, Miejef Callens, ua.
Neben Mitgliedern von „Urban Gardening“ und AkteurInnen bei Vorträgen und Gesprächen beim Agrikulturfestival im Eschholzpark kommen auch spezialisierte Landwirte zu Wort, die in der Umgebung Freiburgs Monokultur betreiben.
Die zentrale Fragestellungen des Films lautet „Was denkst Du über urban gardening“?: Gibt es Alternativen zum heutigen globalen Super-Markt in Form von Gartenkooperativen und gemeinsamer Selbstversorgung und wie kann eine bäuerliche, vielfältige Landwirtschaft erhalten bleiben, die gesunde Nahrungsmittel regional erzeugt?
Filmtitel: Sehnsucht nach Eden
Regie: Bodo Kaiser, Niels Kaiser
Musik: Niels Kaiser
Deutschland 2017 | 80 Minuten
Produktion: IMAGO-Film BK
Filmbesprechung in Radio Dreyeckland.
Aus dem Abspann
Mitarbeit am Filmprojekt:
Schrebergarten Wonnhalde Familie Busch
Gemeinschaftsgarten Wonnhalde
Wandelgarten Vauban
Zusammen gärtnern Vauban
Bambigarten Stadttheater
Josef-Brandelanlage
Rehbrunnen Beurbarung
Pfadfindergarten Wiehre
Schulprojekt Eschholzpark
Waldgarten Deicheleweiher
Kita Violett Weingarten
Klostergarten Kartaus
Transitiontown Freiburg St. Georgen
Klimagarten Dietenbach
Garten Sulzburger Straße
Essbares Rieselfeld
Peter Volz Agronauten
Agrikulturfestival 2015
Selbstversorgung Susann Christinck
Lebensgarten Dreisamtal
Hildegard von Bingen Garten Oberwinden
Essbare Stadt Waldkirch
Essbare Stadt Andernach
Landwirtschaftlicher Betrieb Merdingen, Oswald Schopp
Landwirtschaftlicher Betrieb Merdingen, Wolfgang Selinger
Landwirtschaftlicher Betrieb Ebringen mit Hofladen, Eckard Zimmermann
Luzernenhof mit Hofladen Seefelden, Magdalena und Johannes Supenkämper
Monika Borodko-Schmidt Garten- und Tiefbauamt
Johannes Merkel
Jürgen Dettling
Wolfgang Stickel
Siggi Held
Badische Zeitung Online Redaktion
Kulturamt der Stadt Freiburg
Die Agronauten
Martin Eschle (april & tochter Druckerei OHG)
Foto: Erika Weisser
Ergänzende Hinweise:
# Urbanes Gärtnern als Handlungsfeld von Transition Town Freiburg.
# Vordenken üben: Zukunftsfähige Landwirtschaft für lokale Lebensmittelerzeugung
# Urban Gardening Manifest 2014.
# Urban Gardening Forscherin und Aktivistin, Jenny Lay-Kumar aus Waldkirch.
# Blümel, Denis: Transition Town: Dörfliche Strukturen in der Stadt? Vortrag am 11.04.2012.
# Blümel, Denis: Transition Town: Dörfliche Strukturen in der Stadt? Vortrag am 22.04.2012.
# Müller, Christa (Hrsg.): Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt. 2011.
# Reynolds, Richard: Guerilla Gardening. Ein botanisches Manifest. 2010.
# Jäckle, Siegfried: Postwachstumsökonomie. Das Dogma der Wachstumswirtschaft überfordert Natur und Bäuer*innen – Bauernhöfe als Übungsorte für eine Postwachstumsökonomie. Vortrag am Agrikulturfestival Freiburg. 22.07.2017.
# Paech, Niko: Befreiung vom Überfluss. Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie. 2. Auflage 2012.
# Gemüse vom Wegesrand: Mit Gemeinschaftsgärten gegen das Diktat der Agrarindustrie, von Erika Weisser in: Chilli, Freiburg am 8.9.2017, hier.
# Otterpohl, Ralf: Das Neue Dorf. Vielfalt leben, lokal produzieren, mit der Natur und Nachbarn kooperieren. 2017.
# Bergmann, Frithjof; Friedland, Stelle: Neue Arbeit kompakt. Vision einer selbstbestimmten Gesellschaft. 2007.
# Bergmann, Frithjof: Neue Arbeit, Neue Kultur. 5. Auflage, 2008.
# Scheub, Ute; Schwarzer, Stefan: Die Humusrevolution. Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen. 2017.
# Hiss, Christian: Regionalwert AG. Mit Bürgeraktien die regionale Ökonomie stärken. Ein Handbuch. 2014.
# Hubenthal, Christine: Einfach mal anfangen…! Resilienz am Beispiel einer zukunftsfähigen Landwirtschaft. 2012.
P.M.: Kartoffeln und Computer. Märkte durch Gemeinschaften ersetzen. 2012.
# Oekom – Verein für ökologische Kommunikation e.V. (Hrsg.): Post-Oil City. Die Stadt von morgen. Zeitschrift politische Ökologie Heft 124, 2011.
# Brunner, Sepp; Brunner, Margit: Permakultur für alle. Harmonisch leben und einfach gärtnern im Einklang mit der Natur. 2007.
# Kleber, Gerda; Kleber, Eduard: Gärtnern im Biotop mit Mensch. Das praktische Permakultur- und Biogarten-Handbuch für zukunftsfähiges Leben. 2010.
# Whitefield, Patrick: Waldgarten. Das große Handbuch. Biologischer Obst-, Gemüse- und Kräuteranbau auf mehreren Ebenen. 2007.
# Loske, Reinhard: Eine wirkmächtige Förderin von Veränderung. Die Rolle der Kommunen. In: Oekom – Verein für ökologische Kommunikation e.V. (Hrsg.): Baustelle Zukunft. Die Große Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. 2013, Heft 133, Seite 94-101.
Dahm, Daniel; Scherhorn, Gerhard: Urbane Subsistenz. Die zweite Quelle des Wohlstands. 2008.
# Holmgren, David: Permakultur. Gestaltungsprinzipien für zukunftsfähige Lebensweisen. Deutsche Übersetzung der 2. Auflage von Permaculture. Principels an Pathways beyond Sustainability. 2016.
# Kegler, Harald: Resilienz. Strategien & Perspektiven für die widerstandsfähige und lernende Stadt. 2014.
# Pinkerton, T.; Hopkins, Rob: Local Food. How to make it happen in your community. 2009.
# INKOTA Netzwerk e.V., ua. (Hrsg.): Besser anders, anders besser: Mit Agrarökologie die Ernährungswende gestalten. 2017.
# Heinrich-Böll-Stiftung, ua. (Hrsg.): Konzernatlas. Daten und Fakten über Agrar- und Lebensmittelindustrie 2017. 2017.
# Die Zukunft pflanzen – Bio für 9 Milliarden. Wie können wir die Welt ernähren? Ein Film von Marie-Monique Robin. DVD, 2012.
# Incredible Edible Todmorden. Die essbare Stadt. Filmausschnitt aus 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt? Ein Film von Valentin Thurn. 2016.
# Hope for all. Unsere Nahrung – Unsere Hoffnung. Ein Film von Nina Messinger. 2016.
# Die Strategie der krummen Gurke. Ein Film von cinerebelde. DVD, 64 Minuten. 2013.
# Wem gehört die Stadt? Bürger in Bewegung. Ein Film von Anna Ditges. DVD, 87 Minuten. 2015.
# 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt? Ein Film von Valentin Thurn. DVD, 102 Minuten. 2015.
# Wachstum was nun? Ein Film von Marie-Monique Robin. DVD, 93 Minuten. 2014.
# Schluss mit schnell. Ein Film von Philippe Borrel. 84 Minuten. 2014.
# Weniger ist mehr. Die Grenzen des Wachstums und das bessere Leben. Ein Film von Karin de Miguel Wessendorf. 52 Minuten. 2013.
# Good Food, Bad Food. Anleitung für eine bessere Landwirtschaft. Ein Film von Coline Serreau. DVD, 112 Minuten. 2011.
# Humus. Die vergessene Klima-Chance. DVD, 74 Minuten. 2009.
# Voices of Transition. Drei Wege zu einer besseren (Agri)Kultur: Agroforst, urbane Landwirtschaft auf Kuba, Transition Towns. Ein Film von Nils Aguilar. DVD, 2012.
# The Power of Community. Wie Kuba Peak Oil überlebte. DVD, 53 Minuten. 2006.
# Bauer unser. Billige Nahrung, Teuer erkauft. Ein Film von Robert Schabus. DVD, 89 Minuten. 2016.Tomorrow. DVD, 2016.
# Großstadtgärtner. Ein Film von Julia Seidl. 45 Minuten. 2016.
# Ach du grüne Neune! Die neue Lust am Gärtnern. Eine Filmreportage von Broka Herrmann.29 Minuten. 2013.
# Indoor vertical farming Newark. 3:37 Minuten. 2016.
http://www.eine-andere-welt-ist-pflanzbar.de
https://anstiftung.de/urbane-gaerten
http://www.stadtacker.net
https://www.gartenpaten.org
http://www.meine-landwirtschaft.de
Filmreihe Landwirtschaft im Wandel 2011
Übersicht Urbane Gärten in Transition Town Freiburg
Comment
Jörg Beger
19. Oktober 2017 at 14:00Filmbesprechung von Erika Weisser, Kulturjoker Sep 2017:
Gemüse vom Wegesrand
MIT GEMEINSCHAFTSGÄRTEN GEGEN DAS DIKTAT DER AGRARINDUSTRIE
Die von der reflektierenden Fassade der Universitätsbibliothek widergespiegelten hochgewachsenen Sonnenblumen gibt es nur noch in Bodo Kaisers neuer Dokumentation „Sehnsucht nach Eden“: Von ihrem Standort, dem Gemeinschaftsgarten „Bambis Beet“ vor dem Stadttheater, sind nur noch zwei Ecken übrig. Der Rest wurde im Zuge der Neugestaltung des Platzes der Alten Synagoge zu einem akkurat begrenzten Rasenstück. In Freiburgs sogenannter neuer urbaner Mitte ist kein Platz für Urban Gardening.
Der Garten, sagt der Filmemacher, hätte ein Ort der städtischen Naturerfahrung werden können, des gemeinsamen produktiven Handelns, wie es sich Freiburgs urbane Gärtner zum Ziel gesetzt haben. Ein Ort, der „in seiner Wildnis Leben, Freiheit und Demokratie symbolisiert, genau hier, wo jetzt diese Steinwüste entsteht“, wie Hans Kepler im Film klagt.
Bodo Kaiser hat indessen nicht nur Bambis Beet besucht, wo immer noch Tomaten tauschbörsen stattfinden, bei denen die Gartenbauer selbst erzeugtes Saatgut weitergeben. Zusammen mit seinem Sohn, dem Musiker und Biogärtner Niels Kaiser, hat er mehrere Streifzüge in und um Freiburg unternommen – zu Gärten, Feldern, ökologischen Gemeinschaftsbetrieben, Projekten der solidarischen Landwirtschaft, aber auch zu herkömmlich arbeitenden Monokultur-Höfen.
Bei seinen Streifzügen bekam der 83-Jährige „Bilder wie in der Kindheit“ zu sehen: Bilder wie in den Notzeiten nach dem Zweiten Weltkrieg, als Stadtbewohner wegen der herrschenden Lebensmittelknappheit öffentliche Grünflächen in gemeinschaftliche Gemüsegärten verwandelten.
Heute, so zeigt der Film, verwandeln vor allem junge Städter wieder Freiflächen in Gärten – „ganz ohne Not, einfach aus Lust“: In vielen Stadtteilen sind zwischen Hochhäusern, in Parks, auf brachliegenden Freiflächen oder an Bachufern solche Projekte entstanden, die gemeinsam bewirtschaftet werden und zugleich als Orte für Kommunikation, Austausch, kulturelle Integration und solidarische Nachbarschaft dienen. Und nicht nur: Wie die Kaisers bei einem Treffen der vernetzten Projekte in Erfahrung bringen, geht es den Urban Gardenern langfristig auch darum, „dem Diktat der Lebensmittelindustrie etwas entgegenzusetzen und selbst Nahrung zu erzeugen“. Dazu bräuchte es allerdings mehr Fläche: Angesichts des Gemeinschaftsgartens in der Beurbarung stellt Niels Kaiser fest, dass die Versorgung des ganzen Stadtteils „mindestens das Tausendfache der jetzigen Anbaufläche“ erfordere.
Es bleibt also noch viel zu tun, damit die Idee von der solidarischen Landwirtschaft, vom biologisch angebauten Gemüse am Wegesrand von der Utopie zur machbaren Alternative wird. „Sehnsucht nach Eden“ gibt einen schlüssigen Anstoß dazu. Und macht Lust zum Mitgärtnern.
Fundstelle am 19.10.2017:
http://www.medienwerkstatt-freiburg.de/mw/1_aktuell/meldungen/2017/430.php?we_lv_start_0=