Erzeuger*innen unter Druck – verschwindet die kleinbäuerliche Landwirtschaft?
Volles Haus bei den Werkstattgesprächen: Zukunftsfähigkeit(en)
Die Veranstaltungsreihe des Netzwerks Suffizienz ging weiter in den Räumen des Weinguts Andreas Dilger in Freiburg am Donnerstag, 6. April zum Thema
Erzeuger*innen unter Druck – verschwindet die kleinbäuerliche Landwirtschaft?
Der Weltagrarbericht hat es klar benannt: die Zukunft der Landwirtschaft liegt in kleinbäuerlichen, arbeitsintensiveren und auf Vielfalt ausgerichteten Strukturen. Diese garantieren durch widerstandsfähige Anbau- und Verteilungssysteme eine ökologisch, sozial und wirtschaftlich nachhaltige Lebensmittelversorgung. Doch wie steht es um die Menschen, die diese Strukturen mit ihrer Arbeitsweise bereitstellen, die Erzeuger*innen unserer Lebensmittel?
Elegant moderiert von Thomas Forbriger und Johann Steudle haben ca. 40 Erzeuger*innen, Konsument*innen und auch Prosumenten*innen gemeinsam Perspektiven und Veränderungsmöglichkeiten für eine zukunftsfähige Landwirtschaft ausgeleuchtet und ihren Beitrag zum Erhalt kleinbäuerlicher Strukturen diskutiert.
Die zugrundeliegende These war: Die Antworten auf diese Fragen betreffen am Ende alle, die wir auf gesunde Ernährung, lebendige Arbeit und den Erhalt der damit verbundenen Ressourcen angewiesen sind.
Ein kurzer Impulsbeitrag von Jörg Beger (Lebensgarten Dreisamtal, NANK Member / Transition Town Freiburg) zum Thema des Abends umriß Hintergründe und leitete ein sogenanntes World Café ein, bei dem die Anwesenden mit Praktiker*innen und Pionier*innen aus der Region ins Gespräch kommen konnten.
Themen waren dabei etwa der Umgang mit Marktdruck und Zinsbelastung, die Wirkungsweise des Geldsystems, die Qualität von Anbau und Erzeugnissen, der Zugang zu Land, Internationale Rechte für Kleinbauern , Ernährungssouveränität sowie innovative bzw. kooperative Ansätze zur Lösung dieser Probleme, beteiligt waren:
Joel Siegel (Obstbauer, Schallstadt-Mengen), im Gespräch über
„Geld – ein Wesen im Betriebsorganismus…? Wie sollte es sich verhalten? – Fremdkapital, betriebliche/soziale Kosten, Rendite, Preise und Folgen, obere und untere Grenze“,
Oliver Christ (Piluweri – vormals Gärtnereikooperative Müllheim, Müllheim-Hügelheim), im Gespräch über
„Qualitätsanspruch versus Marktdruck – Bodenfruchtbarkeit, Saatzucht, Mythos Bio-Siegel“,
Wolfgang Hees (Biolandbetrieb Hees, Eichstetten, Global Paesants‘ Rights Congress 2017), im Gespräch über
„Internationale Kleinbauernrechte – Bildung, Zugang zu Land, zu Wasser, zu Saatgut, traditionelles Wissen, Ernährungssouveränität (internationale Nyéléni-Bewegung) und Bauernmärkte“,
Thomas Eikerling (Solawi-(CSA-)Gärtner, Luzernenhof, Buggingen und Lebensgarten Dreisamtal, Kirchzarten), im Gespräch über
„Kooperative Wirtschaftsform und marktfreies bedarfsgerechtes und sozial-ökologisches Produzieren für Erzeuger*innen sowie Konsument*inn*en“.
Johann Steudle (Moderator des Abends, ad hoc), im Gespräch über:
„Fragen nach Gemeinschaftsnutzungs- sowie Kooperationsstrategien – menschenzentrierte Runde: Zugangsoptionen von Gärtner*innen zu eigenem Ackerland, Landnutzungsalternative zu Verpachtung/Verkauf an Agroindustrie, Anwendung der Strategie des Mietshäusersyndikats auf Ackerland: Ackersysndikat, gesetzliche Regelung zur Bewahrung von Mindestreserven an regionaler landwirtschaftlicher Fläche in der Region Breisgau oder in der Region Freiburg (17 delegierte Beigeordnete aus dem Gemeinderat der Stadt Freiburg; Fachgruppe Flächen- und Entwicklungsplanung) versus Gemeinschaftseigentum als Kooperative, ökologischer Ferntransport z.B. von mexikanischem Kaffee oä. aus sozial-ökologischem Anbau als CSA bzw. Teikei, Überbauung von regionalen landwirtschaftlichen Flächen durch Siedlungsbau (Reserven?), Erzeuger*innen-Ideale, Regiobündnis pro Landwirtschaft, Natur und sozial-ökologischen Siedlungsumbau, Zusammenhang von betrieblichem Nutzen am Markt und regionalem gemeinwohlwirtschaftlichem Schaden“.
Der Abend war offen für alle Interessierten (Erzeuger*innen, Konsument*innen, Händler*innen und Prosument*innen), mit oder ohne Erfahrung oder Vorkenntnisse und wurde durch den Veranstalter protokolliert.
Leute des RegioBündnis Pro Landwirtschaft, Natur und ökosoziales Wohnen berichteten zum Abschluss über ihre Gründungs-Erklärung den aktuellen Stand ihrer Bemühungen. Die Anwesenden konnten von der einzigartigen wachsenden Allianz von derzeit 11 Landwirtschafts-, Umwelt- und Naturschutz- sowie Nachhaltigkeits-Organisationen aus Freiburg und Nahregion als RegioBündnis erfahren, die sich für den Erhalt regionaler Flächen für die Landwirtschaft ua. einsetzen. Ein beträchtlicher Teil der von ihnen gepachteten Acker- und weideflächen liegen im Wohnbaugebiet Dietenbach. Eine nächste Mitmach-Aktion wurde bekannt gegeben und findet mit einem Traktoren-Fahrräder-Korso in Freiburg am Samstag, 20. Mai 2017 statt. Die Ankündigung hier oder hier lesen. Diese Aktion findet zeitgleich mit den Nachhaltigkeitstagen der Stadt Freiburg und den weltweiten Märschen gegen Bayer-Monsanto und Syngenta statt, berichteten verschiedene Anwesende.
Siehe auch den Bericht in Badische Zeitung, Freiburg 22.11.2016: Widerstand – Bauern sorgen sich wegen des neuen Stadtteils Dietenbach. Der geplante Stadtteil Dietenbach vernichtet Ackerland und Landwirte sehen deswegen ihre Existenz bedroht, hier weiterlesen.
Siehe auch den Bericht in Badische Zeitung, Leserbriefe Freiburg 10.10.2016: Geplanter Stadtteil Dietenbach. „Liebe Stadträte, bitte aufwachen und nochmals genau und ehrlich die Berechnungen durchgehen“. Zum geplanten Stadtteil Dietenbach („Dietenbach ist machbar, aber teuer“ und „Ein großes Stück Zukunft“, Badische Zeitung vom 14. September, melden sich sich mehrere Leserinnen und Leser, darunter auch einige betroffene Landwirte, hier weiterlesen.
Veranstalter Werkstattgespräche Zukunftsfähigkeit(en): Netzwerk Suffizienz Freiburg beim Eine Welt Forum Freiburg.
Zur Erinnerung ein Vortrag von Benedikt Härlin am 12. April 2011: Weltagrarbericht – Die Welt ernähren ohne sie zu zerstören!
Weiterführende Hinweise, auch rund um den 20. Mai 2017:
# Zusammenkunft der Mitgliederversammlung Region Freiburg am Mittwoch, 28. Juni 2017, Neuer Ratssaal der Stadt Freiburg ab 16:15 Uhr. Der Mitgliederversammlung gehören neben den Vertreterinnen und Vertretern der Gebietskörperschaften und den Vertragspartnern (vertreten durch den jeweiligen Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin) auch Delegierte aus dem Gemeinderat der Stadt Freiburg und den Kreistagen der beiden Landkreise an, 104 Mitglieder derzeit insgesamt, hier.
# Region Freiburg: Verzicht auf gentechnisch verändertes Pflanzenmaterial in der Landwirtschaft. Gentechnikfreie Region (Energie / Umwelt). Die Region Freiburg befasst sich mit einer großen Bandbreite von Themen mit regionaler Relevanz und regionalem Abstimmungsbedarf.
# Region Freiburg: Nachhaltige Siedlungsflächenentwicklung / Regionales Flächenmanagement (KOMREG;REFINA, PFIF) (Flächennutzung / Raumordnung). Die Region Freiburg befasst sich mit einer großen Bandbreite von Themen mit regionaler Relevanz und regionalem Abstimmungsbedarf.
# Erklärfilm Zukunft der Landwirtschaft, Umweltbundesamts, hier.
# Ressourcenleicht leben und wirtschaften. Vision und Maßnahmen in zentralen Aktionsfeldern. Umweltbundesamt 2016, hier.
# Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) / Kritische Aktionäre sprechen bei Hauptversammlung der BAYER-Aktionäre*innen (BAYER-MONSANTO-Zusammenschluss, BAY-SANTO) in Bonn auf dem Platz der Vereinten Nationen u.a.a.O. am 28. April 2017, hier weiterlesen.
# Hinweise auf die Nachhaltigkeitstage Freiburg „96 Stunden für MORGEN“ 18.-21. Mai 2017, hier.
# Hinweise zum Marsch auf Syngenta in Basel am 20. Mai 2017, hier.
# Hinweise zum Marsch gegen Monsanto weltweit am 20. Mai 2017, hier.
# Hinweise zu Aktionsideen im Rahmen der Nachhaltigkeitstage Baden-Württemberg: Landesweite N!-Tage 18.-21. Mai 2017 , hier.
Comment
Jörg Beger
19. April 2017 at 22:28Dokumentation | planet e. Bis zur letzten Kuh – warum viele Bauern aufgeben müssen
Ein Film von Hartmut Idzko
„Diese Zahlen erschüttern: Das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Bauernbetriebes lag im Geschäftsjahr 2016 bei 27.000 Euro vor Steuern. Trotz massiver Unterstützung vom Staat. Und gut 7.000 Bauern haben 2016 ihre Höfe ganz abgewickelt. Geschlossen. 7.000 Existenzen vernichtet“ (Idzko).
In ganz Europa müssen immer mehr Bauern ihre Höfe schließen. Viele Dörfer sind bereits ausgestorben. Kritiker meinen: Viele Landwirte sind selbst daran schuld, dass es ihnen schlecht geht.
Denn die Krise ist auch hausgemacht. Viele Bauernfunktionäre haben den Landwirten jahrelang empfohlen, ausschließlich auf Wachstum zu setzen: Zukunftsfähigkeit durch Turbo-Kühe und Massenställe, Produkte auch für den Export.
Viele Jahre lang hat Milchbauer Xander van Diggele aus Mecklenburg von seinen Milchkühen gut leben können. Die Molkereien zahlten angemessene Preise. Doch er wollte weiter wachsen, hat seinen Stall mit hohen Krediten vergrößert. Dann ist der Markt eingebrochen. Jetzt kann der Bauer die Kredite nicht mehr tilgen, von den geringen Einnahmen nicht mehr leben, seine letzten Kühe müssen zum Schlachthof.
So geht es vielen Bauern. Selbst große Betriebe haben Schwierigkeiten zu überleben – trotz Subventionen. Die Landwirte produzieren zu viel, überschwemmen den Markt mit ihren Produkten. Die Folge: Die Preise waren lange Zeit im Keller. Nicht nur bei der Milch. Auch bei Fleisch und Getreide.
Das Bauernsterben sei nicht nur ein deutsches Problem, meint die EU-Abgeordnete der GRÜNEN, Maria Heubuch. „In den letzten Monaten sind pro Tag etwa 300 Betriebe in Europa verloren gegangen, das ist für mich eine Katastrophe!“ Sie fordert eine gerechtere Subventionspolitik und eine Stärkung der regionalen bäuerlichen Landwirtschaft. Weg von der Exportstrategie für den Weltmarkt.
So wurden Hochleistungskühe gezüchtet, die in vollautomatischen Melkanlagen ständig mehr Milch abgeben sollen. Ohne Rücksicht auf das Wohl des Tieres. Und auf den Äckern wird in Überdosis Chemie eingesetzt – ohne Rücksicht auf die Natur. Die Folgen spüren auch die Verbraucher: Gülle, Abgase und Antibiotika schädigen Mensch und Umwelt.
Doch diese Form der Landwirtschaft funktioniert nicht mehr. Der Staat soll jetzt wieder helfen, fordern europaweit die Bauern. Die Länder unterstützen die Landwirte auch mit Hilfe von EU-Subventionen. Doch diese Hilfen sorgen eher für eine Dauerkrise.
Die konventionellen Bauern und ihre Funktionäre müssen endlich umdenken, meinen dagegen die Vertreter einer ökologischen Landwirtschaft. Denn mit dem Sterben der Höfe geht auch wertvolles traditionelles Wissen und eine alte bäuerliche Kultur verloren.
Anlässlich der „Grünen Woche“ in Berlin sucht die ZDF-Umweltdokumentationsreihe „planet e.“ gemeinsam mit Landwirten nach Auswegen aus der Krise.
Jörg Beger
20. April 2017 at 15:09# Wirtschaftsförderung Region Freiburg verzichtet auf Regionalentwicklung der bäuerlichen Landwirtschaft.
Präambel: „Bei steigendem regionalen Wohnungsbedarf, geänderten Standortanforderungen der Wirtschaft und wachsender Schutzbedürftigkeit von Natur und Umwelt und engeren finanziellen Spielräumen der öffentlichen Hände bekommen immer mehr kommunalpolitische Aufgaben auch einen überörtlichen Bezug, reichen Planungs- und Investitionsentscheidungen immer öfter über die eigene Stadt – und Gemeindegrenze hinaus.
Kommunale Probleme lassen sich oft nur regional lösen. Dabei soll an den Grundsätzen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts und der Freiwilligkeit festgehalten werden.
In der Verantwortung für die Erhaltung ihres gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsbereichs, mit dem Ziel einer einvernehmlichen Gestaltung der zukünftigen Entwicklung und in dem Bewusstsein der Besonderheiten des Freiburger Raums streben die Vertragspartner eine den Bedürfnissen Freiburgs und seines Umlands entsprechende kommunalpolitische Zusammenarbeit und frühzeitige Abstimmung ihrer Entwicklungsvorhaben an. Dem Ziel der wirtschaftlichen Standortsicherung und -stärkung soll insbesondere die ‚Wirtschaftsförderung Region Freiburg e.V.’“ dienen.
http://www.region-freiburg.de/pb/,Lde/489494.html
http://www.wrf-freiburg.de/de/wirtschaftsstandort/zahlen-fakten
Jörg Beger
3. Mai 2017 at 12:17AbL: Agrarreform oder Höfesterben
Ein Interview mit Anneliese Schmeh von der „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft“ (AbL) über die Strategien der AbL im Kampf gegen das Höfesterben von Kleinbauern in Baden-Württemberg und anderen Teilen Deutschlands. Anmoderation enthalten.
https://rdl.de/beitrag/abl-agrarreform-oder-h%C3%B6festerben
Jörg Beger
3. Mai 2017 at 12:33„Wir nehmen die Zukunft der Landwirtschaft selbst in die Hand – machen Sie mit!“ Für Ernährungsautonomie und den Erhalt kleinbäuerlicher Strukturen als Alternative zu Dumping-Löhnen und „Geiz ist geil“ stehen Elvira und das Projekt Luzernenhof in Seefelden im Markgräflerland…
Infoveranstaltung am 21. Februar 2012
Mehr unter http://www.luzernenhof.de/
https://rdl.de/beitrag/ich-wei%C3%9F-was-ich-esse-neues-solawi-projekt-im-entstehen
Jörg Beger
3. Mai 2017 at 13:03Regionale Produkte – Spanisches Treibhausgemüse
von Christian Hiß und Uwe Pörksen
Christian Hiß und Uwe Pörksen am 11.3.2006 in der Badischen Zeitung
Christian Hiß (45) ist Gärtnermeister in Eichstetten am Kaiserstuhl, Demeterhof Hiß
Uwe Pörksen (71) ist emeritierter Professor für Sprache und Ältere Literatur in Freiburg.
http://www.frsw.de/zukunft2.htm#Regionale%20Produkte%20-%20Spanisches%20Treibhausgem%C3%BCse
Jörg Beger
3. Mai 2017 at 13:57Freiburger Landwirte zwischen Dank und Demütigung
Auch in einer Stadt wie Freiburg hat das Erntedankfest nicht nur etwas mit Tradition, sondern unmittelbar mit dem Leben zu tun. Schließlich werden von den 15306 Hektar des Stadtgebiets noch immer gut 3600 Hektar landwirtschaftlich genutzt. Und fast alle Bäuerinnen und Bauern, Winzerinnen und Winzer, ist Richard Bruskowski vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV) überzeugt, verbinden dieses Fest bis heute mit Innehalten, Dankbarkeit und Ehrfurcht vor der Schöpfung.
Es sind weniger geworden in Freiburg. 1979 gab es hier 221 landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe, heute sind es etwas mehr als 90. Ähnlich ist es bei der Zahl der Nebenerwerbsbetriebe: Sie sank in diesem Zeitraum von 301 auf gut 200, von denen die allermeisten jeweils weniger als zehn Hektar Fläche beackern. Dieselbe Entwicklung ist bei der Tierhaltung zu sehen. Gab es 1979 noch 109 Betriebe mit Rinderhaltung und 226 mit Schweinen, sind es heute gerade mal 30 und 27. „Strukturwandel“ heißt das offiziell. Doch dahinter steckt vielfach, was Richard Bruskowski die „Demütigung“ der Landwirte nennt: Was sie für sich als Sinn gebend erleben – ein Korn in die Erde legen, die keimende Saat beschützen, bewahren, begleiten und dann ernten – erfahren sie als nicht wertgeschätzt von einer Gesellschaft, in der Geiz geil ist und Billigangebote regieren. Und der stellvertretende BLHV-Hauptgeschäftsführer schildert ein besonders krasses Beispiel, das zeigt, dass da irgendwas nicht mehr stimmt: „Es demütigt Landwirte, wenn es für sie günstiger ist, einen Sack Brotgetreide zu verfeuern statt ihn zur Mühle zu bringen – weil der energetische Wert von Getreide heute doppelt so hoch ist wie der von Brot.“ […]
Doch von hehren Werten können Landwirte nicht leben. Also sind viele umgestiegen auf Sonderkulturen: Gemüse (Spargel vor allem), Obst (besonders Äpfel), Wein (die Rebfläche in der Stadt wuchs zwischen 1979 und 2003 von 591 auf 732 Hektar). Außerdem beobachtet der BLHV-Mann, dass immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher die Direktvermarktung schätzen. Und dass auch Freiburger Bäuerinnen und Winzer neue Wege finden, sich ein Zubrot zu verdienen: mit Bauernbrot, mit selbst gebranntem Schnaps, indem sie eine „Straußi“ eröffnen. „So holen sie sich einen Teil der Wertschöpfung wieder zurück.“ […]
Gerhard M. Kirk in der Badische Zeitung vom 1.10.2005, hier gelesen:
http://www.freiburg-schwarzwald.de/landwirt3.htm#Freiburger%20Landwirte%20zwischen%20Dank%20und%20Dem%C3%BCtigung
Jörg Beger
9. November 2017 at 12:47Poker um deutsche Äcker
Dokumentarfilm von Angela Scheele, 30 Min, 2013.
Der globale Trend, Ackerland als Spekulationsobjekt zu erwerben, hat Deutschland erreicht. Konzerne, Kapitalfonds und finanzkräftige Privatinvestoren kaufen Land und hoffen auf satte Gewinne. Auch der wachsende Bedarf an Lebensmitteln und die Förderung von Biogasanlagen locken Investoren. Traditionelle Bauern können mit der finanzkräftigen Konkurrenz nicht mehr mithalten und müssen ihren Betrieb aufgeben. Zum Zug kommen immer mehr Großinvestoren, die vor allem in den östlichen Bundesländern massenhaft Land aufkaufen und so die konventionelle Landwirtschaft bedrohen. 4000 Euro habe er vor zehn Jahren für einen Hektar Ackerland gezahlt, erzählt Manfred Wercham, jetzt muss der Bauer aus dem Oderbruch 20 000 Euro auf den Tisch legen – zu viel für den Kleinbauern. Dabei haben sie einen solide geführten Familienbetrieb und gute Erträge auf den Feldern. Die hohen Preise sind vor allem für Bio-Landwirte ein Problem. Neu- und Quereinsteiger haben kaum eine Chance. Uwe Johansen hat in Mecklenburg-Vorpommern einen kleinen Mutterkuhbestand übernommen und betreibt nun Landwirtschaft nach ökologischen Kriterien. Um rentabel zu wirtschaften, muss er seine Rinderzucht vergrößern. Doch Flächen fehlen oder sind zu teuer. Dabei leisten gerade Biobauern einen unschätzbaren Beitrag für den Natur- und Umweltschutz. Die Wut der Bauern über die Agrarmultis wächst. Sie protestieren gegen die neuen Großgrundbesitzer, die über Macht und Geld Einfluss auf die Flächenvergabe nehmen. Und gegen die Subventionspolitik der EU: Denn die großen Unternehmen erhalten aus Brüssel Unterstützung in Millionenhöhe, Geld, das den Ausverkauf Ostdeutschlands an Bodenspekulanten und Konzerne fördert.