Handlungsfeld Klimabewusstes Ernähren

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Auch die Ernährung ist mitverantwortlich für den Klimawandel: Studien für Deutschland ermittelten etwa, dass der Anteil der ernährungsbedingten Treibhausgase bei rund einem Fünftel des Gesamtausstoßes liegt. Davon stammt etwa die Hälfte aus der Landwirtschaft, das meiste Kohlendioxid verursacht hier wiederum die Produktion tierischer Nahrungsmittel. Fast ein Drittel der Treibhausgasemissionen geht auf das Konto des individuellen Konsums, insbesondere durch Heizen, Kühlen, Außer-Haus-Verzehr, Lebensmitteleinkauf, Kochen und Spülen. Mit einem Anteil von 13 Prozent ist ferner der Handel, einschließlich Verpackung und Transport der Lebensmittel, bedeutsam. Dagegen ist der Anteil von sechs Prozent, der durch Verarbeitung in Lebensmittelindustrie und -handwerk entsteht, relativ gering.

Ernährung und Klima stehen in einem Wechselverhältnis. Nicht nur treibt die Art, wie wir uns ernähren, den Klimawandel an. Der fortschreitende Klimawandel gefährdet umgekehrt auch die globale Sicherung der landwirtschaftlichen Erzeugung in vielen Regionen der Welt, vor allem durch die Zunahme extremer Klimaereignisse. Die Erhöhung der Temperaturen kann sich auf die Ernteerträge sowohl positiv als auch negativ auswirken. Im Gegensatz zu nördlichen Regionen vermindert in Ländern des Südens bereits eine Temperaturerhöhung um weniger als zwei Grad Celsius die Erträge. Auf vielen Inselstaaten wird Landwirtschaft durch die Versalzung der Böden und des Grundwassers unmöglich werden. Langfristig gefährden die Folgen des Klimawandels die globale Ernährungsgrundlage.

Da die Ernährung erheblich zum Klimawandel beiträgt, werden im Folgenden sieben Handlungsmöglichkeiten für eine klimafreundliche Ernährung vorgestellt.

 

  1. Hauptsächlich pflanzliche und weniger tierische Lebensmittel
  2. Lebensmittel aus dem Öko-Landbau als Beitrag zum Klimaschutz
  3. Regionale Erzeugnisse – Keine Flugtransporte
  4. Saisonales Gemüse und Obst aus dem Freiland
  5. Frische, gering verarbeitete Lebensmittel
  6. Öko-Strom nutzen – Energie- und Ressourcenschonung im Haushalt
  7. Einkaufen zu Fuß oder mit dem Fahrrad

 

Wieder einmal ist weniger mehr

Unbestritten trägt ein hoher Verzehr tierischer Lebensmittel am stärksten zum Treibhauseffekt bei. Zudem erschwert er die Sicherung der globalen Nahrungsversorgung. Eine überwiegend pflanzliche Ernährung ist nicht nur gut für unsere Gesundheit, sondern hat auch ökologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Vorteile. Eine sinnvolle Lösung für Klima und Welternährung im Sinne der Nachhaltigkeit liegt aber nicht in einem kompletten Verzicht aller tierischen Lebensmittel. Vielmehr ist in den reichen Industrieländern ein deutlich verringerter Konsum der von Tieren stammenden Produkte empfehlenswert. Zur Lösung kann eine artgerechte ökologische Tierhaltung und Fütterung beitragen: also weniger Fleisch, Wurst, Milch und Eier, aber dafür in hoher Qualität. Da die Verbraucher(innen) durch ihr Kaufverhalten darüber entscheiden, was in den vorgelagerten Gliedern der Produktkette geschieht, können sie entscheidende Weichen für eine klimafreundliche Ernährung stellen.

 

500 Bewohner in der Stadt, verbunden mit dem Land

Eine städtische Nachbarschaft von ca. 500 Mitgliedern wäre verbunden mit einem Stück Land von ca. 100 Hektar, das höchstens 40km weit entfernt ist. Die Stadtbewohner bilden eine Gemeinschaft mit den Landbewohnern, mit denen zusammen sie das assoziierte Landstück bestellen.

Die Größenordnung von ca. 500 Mitgliedern (zwischen 400 und 800) ergibt sich als Synthese verschiedenster Aspekte wie Kooperation, Kommunikation, Universalität, Ökologie, flexible Arbeitsteilung, Generationenmischung, Städtebau, Handlungsfähigkeit, Stabilität, Demokratie usw. Insbesondere stellen solche Nachbarschaften ein ideales Soziotop für nachhaltige Kooperation dar, (»…cooperation con thrive, when cooperators huddle together to form clusters…« Martin Nowak 2011, S. 250), machen also Tausch und Märkte an der Basis überflüssig. Nachbarn sind bewusst »kühle« soziale Einheiten, die eine formelle Organisation brauchen und damit die Bildung von Machtklüngeln und Gruppenegoismen verhindern. Wer engere Gemeinschaften sucht (Wohngemeinschaften, Hausgemeinschaften), kann diese sehr gut in die größere Nachbarschaft einbetten und damit sogar noch ihre Stabilität (internes Umziehen) erhöhen. Selbstverständlich heißt das nicht, dass es nicht auch Nachbarschaften mit 150 oder 1000 Bewohnern geben kann: Man muss sich dann allerdings bewusst sein, dass gewisse Abweichungen vom Modell entstehen und die Infrastruktur redimensioniert werden muss oder der Arbeitsaufwand der Bewohner sich verändert. Der Zusammenarbeit zwischen benachbarten Nachbarschaften sind zudem keine Grenzen gesetzt.

In einigen Jahrzehnten werden 9 Milliarden Menschen den Planeten bewohnen. Eine globale Lösung für die Ernährung dieser Bevölkerung besteht in landwirtschaftlichen Betrieben mittlerer Göße. So zumindest empfiehlt es die International Assessment of Agricultural Science and Technology for Development (IAASTD) in einer Studie über globale Landwirtschaft. Berücksichtigt man den Verbrauch fossiler Energiequellen, so ist die Energiebilanz industrieller Landwirtschaftsgroßbetriebe negativ, es werden insgesamt mehr Kalorien verbraucht als erzeugt. Diese Form der Landwirtschaft hat daher keine Zukunft, wenn wir den CO2-Ausstoß zurückfahren und den Klimawandel wirklich vermeiden wollen.

Nachhaltige Landwirtschaft auf dieser Erde bedeutet arbeitsintensive, lokal angepasste Mischkulturen: Permakultur. Diese Form der Landwirtschaft aber ist hoffnungslos unrentabel unter den gegenwärtigen Bedingungen. Daher brauchen wir eine neue Art der Zusammenarbeit zwischen Verbrauchern und Erzeugern.

Die strikte Trennung zwischen Verbrauchern und Erzeugern (zu Prosumenten und Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften) kann schrittweise aufgehoben werden, so dass wir einen größeren Anteil unserer Lebenszeit darauf verwenden, selbst herzustellen, was wir zum Leben brauchen. Schwindet die Trennung zwischen Verbraucher und Erzeuger, wächst gleichzeitig die Stadt mit dem Land zusammen, und etwas Neues entsteht: »Mikro-Agro«. Mikro-Agro verbindet zwei Knoten: ein Mikro-Zentrum in der Stadt und ein Agro-Zentrum auf dem Land.

Ein Mikro-Zentrum ist ein Verbund aus Nahrungsdepot (FoodCoop, Ernteverteilstellen), Gemeinschaftsküche, Restaurant und Gemeinschaftsräumen – es versorgt die ca. 500 Mitglieder der Nachbarschaft. Etwa 400m2 (die Größe eines kleinen Supermarkts) werden für das Nahrungsdepot benötigt. Hier wird Nahrung aufbewahrt, zubereitet und verarbeitet, um die Grundversorgung zu gewährleisten. Dieses Nachbarschaftszentrum kann von den Nachbarn selbst in freiwilliger Abeit betrieben werden. Allenfalls braucht es anfangs noch ein Kernteam von bezahlten Fachpersonen, die temporär mitarbeitende Bewohner anleiten, Bestellungen und Lagerhaltung besorgen und den Betrieb organisieren.

Ergänzende Hinweise:

# FoodCoop Kornkammer e.V. Höheweg 3, hier.

# FoodCoop Einkaufsgemeinschaften in Freiburg finden oder gründen, hier.

# Wissenswertes über FoodCoops in Freiburg, hier.

# FoodCoop Freiburg, hier.

 # GartenCoop Freiburg Verteilstelle Höheweg 3

# Gemüsekiste im Abo bei Biobetrieb Klosterhof Müller Gundelfingen

 # Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaft Wurzelwerkstatt Emmendigen-Windenreute, hier

 # Urbanes Gärtnern Freiburg, hier.

# Verein der Gartenfreunde Freiburg-Nord e.V., hier.

# Verein der Gartenfreunde Gewann Höfle, hier.

# Verein der Gartenfreunde Gewann Hettlinger, hier.

# Verein der Gartenfreunde Gewann Hungerberg, hier.

# Verein der Gartenfreunde Gewann Vordermatte aufgelöst, hier.

# Garten suchen, teilen finden bei Gartenpaten, hier.

 # Zähringer Bauernmarkt, hier.

# Event-Café mit Co-Working-Kitchen Pausenraum Burgdorfer Weg, hier

# Zähringer Lädele Familie Kassassier, Pochgasse 5, hier.

# Wissenswertes über „Globale Dörfer“, hier im Dorfwiki von GIVE e.V.

 

Weiterlesen hier:

 # Stadtquartiersinitiative Zähringer Kirchplatz; Transition Town Freiburg e.V.: Gemeinschaftlich kochen, gewürzt mit Geschichten aus der Landwirtschaft. Letter of Intent, 19.12.2016, hier.

 # Koerber, Karl von: Ernährung und Erderwärmung: Tischleindeckdich – aber bitte klimafreundlich . In: Politische Ökologie 2012, Heft 128, 92-98.

# Arbeitsgruppe Nachhaltige Ernährung e. V. beim Beratungsbüro für ErnährungsÖkologie in München.

# P.M.: Kartoffeln und Computer. Märkte durch Gemeinschaften ersetzen. 2012.

 # P.M: 1 Nachbarschaft – 500 Bewohner in der Stadt, verbunden mit dem Land – Ernährungssouveränität. 2012.

 

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