Ressourcenknappheit und Peak Oil
«Peak Oil» und seine Folgen sind in der Schweiz noch immer zu wenig bekannt, obwohl sie für unser Land existenziell sind. Peak Oil bezeichnet das globale Fördermaximum von Erdöl. Lokal konnte das Phänomen wiederholt beobachtet werden: Nach dem Peak geht die Produktion auf dem Erdölfeld für immer zurück. Der globale Peak Oil ist für die Schweizer Wirtschafts- und Energiepolitik von grösster Bedeutung, weil dann das Angebot die wenig elastische Nachfrage nicht mehr decken kann, die Erdölpreise stark ansteigen sowie Inflations- und Rezessionsgefahren drohen. Mit dem Peak Oil beginnt eine langjährige Energiekrise, für die es keine einfachen und schnellen Lösungen gibt.
Daniele Ganser, 1.9.2008
…und 2022?
Die Lage ist in der Tat angespannt: Fast alle Förderländer, vor allem aber die Big Three Russland, Saudi-Arabien und die USA, pumpen bis zum Anschlag, um ihr Förderniveau aus der Vorpandemiezeit wieder zu erreichen. Dies ist trotz eines motivierend hohen Ölpreises bisher nicht gelungen. Es ist technisch immer aufwendiger, in weitgehend leergepumpten Ölfeldern hohe Förderquoten zu erzielen. Während die saudische Ölförderung weitgehend intransparent bleibt, kommen aus Russland verlässlichere Informationen zu den offenbar großen Problemen der Förderung, vor allem in Westsibirien und im Wolga-Ural-Gebiet.
Unterm Strich war die Nachfrage nach Öl nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) zuletzt jedenfalls höher als die Förderung. Und dies, obwohl der Flugverkehr coronabedingt noch reduziert ist. Die internationalen Lagerbestände haben sich folglich stark geleert, die Preise klettern. Nach Zahlen der IEA lag der globale Ölverbrauch zuletzt bei täglich 99 Millionen Barrel. Das Elektroauto hat noch keine nennenswerten Bremsspuren in der Verbrauchsstatistik hinterlassen.
Müssen wir uns womöglich noch einmal mit Peak Oil beschäftigen, jener Lieblingsvokabel der als Vulgärapokalyptiker verspotteten Expertenschar? Am Ende haben diese Menschen sogar noch recht, weil sich Naturgesetze auch von Spöttern nicht aushebeln lassen. Erdöl ist endlich, es gibt so gut wie keine neu entdeckten Ölfelder mehr, und in den meisten Förderländern geht der Output zurück. Allein die Fracking-Industrie der USA konnte in den vergangenen Jahren eine Verknappung dieses Rohstoffs verhindern.
Aktuell verzeichnen aber auch die USA einen Rückgang der Förderung gegenüber der Vorcoronazeit. Im Rückspiegel betrachtet könnte 2018 tatsächlich das Jahr der historisch höchsten Ölförderung gewesen sein. Es wäre nicht der Beginn, es wäre der historische Meilenstein im Endspiel des fossilen Zeitalters. Der Peak und seine einschneidenden Folgen würden unser kulturelles Gedächtnis in ein Davor und ein Danach einteilen.
Manfred Kriener, 2022
Nach dem Modell linke Tasche, rechte Tasche wird krampfhaft versucht, dem steigenden Benzinpreis die Wirkung zu nehmen. Das ist keine erfolgversprechende Perspektive und dauerhaft auch nicht durchzuhalten. Deshalb wird trotz neuer Kompensationsversprechen ein höherer Benzinpreis das Umsteigen aufs Elektroauto ein wenig beschleunigen. Bestenfalls wird er in den Metropolen auch nachhaltige Mobilitätsformen aus eigener Muskelkraft anschieben.
Mit weiteren Sprüngen könnte der Benzinpreis dann irgendwann der ökologischen Wahrheit nahekommen. Eine Schweizer Untersuchung nennt einen Literpreis von umgerechnet fünf Euro als halbwegs angemessen. Bis dahin ist noch viel Luft nach oben. Benzin, das ist nun wirklich kein Geheimnis, ist immer noch und bis auf Weiteres vor allem eines: viel zu billig.Manfred Kriener, 2022
Kriener, Manfred: Benzinpreis erreicht Rekordhöhe: Schluss mit dem Gejammer. 2022, hier.
Daniele Ganser: Ressourcenknappheit und Peak Oil. In: Die Volkswirtschaft, 01. September 2008, hier.