Dünger aus dem Biomüll

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Bokashi-Gärtnern: das Beste aus den Resten

Mit der Kraft der Natur kann man die Pflanzen im Wohnzimmer, auf dem Balkon und im Garten stärken: Bei der japanischen Bokashi-Methode entsteht aus dem eigenen Biomüll Dünger.

Erstveröffentlichung von Ina Funk-Flügel, 10.12.2022, hier.

Für Marion Schmieder sind Lebensmittelreste besonders wertvoll geworden. Eierschalen, Gemüsereste und Kaffeesatz wirft die langjährige Hobbygärtnerin aus Rathenow nicht mehr in den Biomüll, sondern gibt die Reste, sorgsam zerkleinert, in einen luftdicht verschlossenen Eimer. „Dann haben es die Kleinen einfacher bei der Arbeit“, sagt sie.

Die Kleinen? Arbeit? Was Schmieder meint, sind diverse Mi­kro­or­ga­nis­men, die in einem unscheinbaren Behälter in ihrer Küche leben und die Essensreste zu wertvollem Pflanzendünger zersetzen. Dieses Vorgehen kennen Gärtner und Pflanzenliebhaber als Bo­ka­shi, und sie setzen es zunehmend ein.

Japans natürlicher Dünger

Die Technik kommt aus Japan und wird dort seit Langem angewandt. Übersetzt bedeutet Bo­ka­shi so viel wie „fermentiertes Allerlei“ oder „fermentiertes Material“. Gemeint sind damit die vergorenen Lebensmittelreste. Das klingt für manche vielleicht unappetitlich, ist aber ein normaler Vorgang, ohne den es Lebensmittel wie Joghurt oder Sauerkraut nicht geben würde.

Die Fermentation funktioniert mithilfe der sogenannten effektiven Mikroorganismen (EM), darunter sind Milchsäurebakterien, Fotosynthesebakterien, Hefen und andere reaktive Pilzarten. Die Milchsäurebakterien ernähren sich während der Fermentation beispielsweise von Kohlenhydraten aus dem organischen Material und verstoffwechseln sie unter anderem in Milchsäure. Die anderen Bakterien setzen bei ihrer Verdauung wertvolle Vitamine, Enzyme, Säuren wie Huminsäure und Mineralien frei – eine wahre Vitaminbombe für Pflanzen.

Bodenfruchtbarkeit verbessern mit Bokashi

„Boka­shi ist als ein hochaktiver Bodenaktivator bekannt. Effektive Mikroorganismen werden in Zukunft zur Förderung der Bodenfruchtbarkeit immer wichtiger“, sagt Norbert Echterhoff, Gärtnermeister im Garten- und Landschaftsbau und Besitzer eines Gartenbaubetriebs in Habighorst bei Celle. „Jedem, der seinen Gartenboden fruchtbarer machen möchte und experimentierfreudig ist, kann ich sehr empfehlen, den Versuch zu starten, Boka­shi selbst herzustellen.“

Wichtig ist, dass die Reste klein sind und die Temperatur und Feuchtigkeit im Eimer konstant bleiben. Damit Küchenabfälle sich zu Boka­shi-Dün­ger zersetzen können, benötigt man einen Boka­shi-Ei­mer, ratsam sind sogar zwei. So kann der Inhalt im ersten Eimer in Ruhe fermentieren, während der zweite allmählich gefüllt wird. Geeignet sind Eimer mit 16 oder 19 Litern Füllvolumen. Es gibt im Handel komplette Sets zu kaufen mit einem Siebeinsatz und einem Ablaufhahn, durch den der bei der Fermentierung entstehende Sickersaft, ein Düngerkonzentrat, abgelassen wird.

Dazu kommt eine Lösung mit den effektiven Mikroorganismen. Diese wird mit einer Sprühflasche auf die Abfälle verteilt. Durch die zusätzliche Verwendung von Urgesteinsmehl können die freigesetzten Nährstoffe später besser von den Pflanzen aufgenommen werden. Auch Pflanzenkohle oder Keramikpulver kann man hinzufügen. Sie erhöhen die Nährstoff- und Wasseraufnahme im Boden und schützen zudem das Boka­shi vor Erosion oder Auswaschen der Inhaltsstoffe. Zudem gehört zur Grundausstattung ein mit Sand oder Wasser gefüllter Plastikbeutel.

Oberfläche muss luftdicht abgeschlossen sein

Den gut zerkleinerten organischen Abfall in den Eimer geben und ordentlich festdrücken. Mit der EM-Lösung einsprühen, bis der Inhalt feucht wird. Anschließend den gefüllten Plastikbeutel auf die Oberfläche des Materials legen. Wichtig ist, dass dieser die Oberfläche komplett bedeckt, damit kein Sauerstoff eindringen kann. Den Eimer schließen. Diese Prozedur so lang wiederholen, bis der Eimer bis zum Rand aufgefüllt ist. Dann muss auch kein Sand- oder Wasserbeutel mehr aufliegen. Es reicht, den Behälter mit dem Deckel luftdicht zu verschließen und ihn mindestens zwei Wochen bei Zimmertemperatur stehenzulassen. In dieser Zeit kann der zweite Eimer befüllt werden.

Durch den Druck des Beutels und die Arbeit der Mikroorganismen entsteht eine Flüssigkeit, die etwa alle zwei Tage durch den Auslaufhahn am Eimer abgelassen werden muss. Mit Wasser verdünnt ist der Sickersaft bereits ein hochwertiger Dünger und kann sofort verwendet werden. Aber: Im Gegensatz zum festen Boka­shi besitzt der Saft einen sehr prägnanten Geruch, ist daher weniger für Zimmerpflanzen geeignet, außer, er wird vorher gut gelüftet und verdünnt. Das Verhältnis von 1:100 ist ideal.

Nach zwei Wochen kann das Ferment geprüft werden. Wenn das Boka­shi richtig angelegt ist, riecht es leicht sauer und erinnert an Apfelessig oder Sauerkraut. Ist das nicht der Fall, sollte der Inhalt noch eine Woche ruhen. Sollte sich ein weißer Film auf der Oberfläche befinden, ist das ein Hefepilz, der aus den in den EM enthaltenen Hefen wächst. Das Material kann bedenkenlos verwendet werden. Schwarzer Schimmel hingegen ist schädlich. Das Ferment sollte entsorgt werden.

Das fertige Ferment wird in luftdichte Säcke umgefüllt, kühl und dunkel bis zur nächsten Anwendung im Frühjahr gelagert. Wenn der Eimer leer ist, wird das Set gründlich mit heißem Wasser und Essigessenz gereinigt, an der Luft getrocknet und kann dann erneut benutzt werden.

Im Garten lagern

Boka­shi kann auch direkt im Garten in der Erde lagern. Dazu sollte ein mindestens 50 Zentimeter tiefes Loch ausgehoben werden, in den das Ferment gegeben und sofort mit Erde bedeckt wird. Doch es gibt einen Nachteil: Das saure Boka­shi kann einige Tiere anlocken, Hunde lieben den Geschmack. Daher am besten die Stellen, wo das frische Boka­shi vergraben ist, mit einer Kiste abdecken. Ein Drahtgitter um die Mulde herum ist ebenso sinnvoll, denn auch Wühlmäuse und Maulwürfe mögen Saures.

Das Ferment anwenden

Im Frühjahr kann die Er­de-Bo­ka­shi-Mischung verwendet werden. Der Inhalt eines 16-Liter-Eimers reicht für circa 100 Liter Erde. Bei Pflanzen wie Tomaten oder Kartoffeln, die stark Nährstoffe aus dem Boden ziehen, empfiehlt es sich, ein Kilogramm Bo­ka­shi-Fer­ment pro Quadratmeter unter die Erde zu mischen. Da das Ferment sehr sauer ist, sollten Pflanzen nie direkt in die Bo­ka­shi-Erde gesetzt werden. Andernfalls können die feinen Wurzeln durch den Säuregehalt Schaden nehmen.

Zum Düngen sollten Furchen von etwa zehn Zentimetern Tiefe zwischen Pflanzen gezogen und das Bo­ka­shi direkt dort vergraben werden. Bei Sträuchern und Bäumen gräbt man einen zehn Zentimeter tiefen Kreis oder mehrere Löcher in knapp 30 Zentimetern Entfernung zu den Wurzeln und füllt sie mit Bo­ka­shi. Wichtig ist, dass anschließend das Ferment mit Erde abgedeckt wird, damit sich durch die Luftzufuhr kein Schimmel bildet. Topfpflanzen erhalten eine etwa zwei Zentimeter dicke Schicht in der Topfmitte. Darüber und darunter sollte Blumenerde verteilt sein.

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