Urbanes Gärtnern in Mexico-City

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Beim offenen Thementreffen am 24. Januar 2014 wagten die Urbanen GärtnerInnen einen Blick über den Tellerrand hinaus: Der Abend war dem „Urbanes Gärtnern in Mexico-City“ sowie den „Commons“ gewidmet. Lara erzählte von ihrer Erfahrung aus Mexiko und gemeinsam mit Malena wurde die Idee der „Commons“ diskutiert. Im Folgenden ein kleiner Eindruck über das Urbane Gärtnern in Mexico-City für all jene, die den Abend verpasst haben:

K1600_IMG_3272In Mexico City erfährt seit Beginn der 2000er die Selbstversorgung mit Gemüse, die Konstruktion von Beeten mit den kreativsten Ideen, sowie das regelmäßige Zusammenkommen zum Austausch von Wissen über Urban Gardening einen regelrechten Boom. Die Facetten des Gärtnerns in dieser Megacity sind dabei höchst vielfältig und die Fragen wer wo wie und warum urbanes Gärtnern betreibt, lassen sich nicht so einfach zusammenfassen. Charakteristisch ist jedoch eine Unterteilung in den dicht besiedelten zentralen urbanen Raum und den periurbanen Raum, der von geringer Mobilität, Rohbauten, unbefestigten Straßen und Brachland geprägt ist. Diese Unterteilung beeinflusst, mit welchen Methoden gegärtnert wird. Im Zentrum befinden sich die Gärten auf den typischen roten Dächern, die meist zum Wäscheaufhängen benutzt werden. Hier ist aufgrund des geringen Platzes ein hohes Maß an Kreativität erforderlich, so dass oftmals vertikale Konstruktionen und leichte Behälter wie Autoreifen und Holzkisten wegen der Gewichtsbelastung für das Dach nicht mit Erde, sondern mit Laub und Sand gefüllt werden. Diese Gärten können den Gemüsebedarf eines Haushaltes nur zum Teil decken, werden aber zusätzlich als wahre Oasen mitten im Chaos der Megacity wahrgenommen.

Im periurbanen Raum entstehen um Gemeinschaftsgärten gut organisierte und verwaltete Nachbarschaftsinitiativen, die mit dem Gemüse ihre Subsistenz fast vollständig abdecken können. Typisch ist hier das Gärtnern in Hochbeeten auf großflächigen Grundstücken, Tierhaltung in Form von Hühnern und Kaninchen, aber leider auch der Wassermangel, welcher vor allem in der Trockenzeit ein großes Problem darstellt.

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Trotz dieser Unterschiede weisen viele Gemeinschaftsgärten Gemeinsamkeiten auf, wie zum Beispiel das Recycling, was für das Gärtnern in Mexico City einen existenziellen Aspekt darstellt. Denn zum einen besitzen viele Menschen dort nicht die finanziellen Mittel, um sich für das Gärtnern materiell auszustatten, und zum anderen ist die Abwesenheit von Geld im Sinne eines möglichst hohen Grades an Autonomie in vielen Fällen erwünscht. In diesem Zusammenhang sind viele Gärten Orte von reziproken Strukturen geprägt, dass heißt des gegenseitigen Gebens und Nehmens. So kommt beispielsweise die Gruppe des Laboratekio Colectivo Espiral wöchentlich abwechselnd an unterschiedlichen Orten im urbanen Raum zusammen, um Gärten gemeinsam aufzubauen, sodass eine Person ihre Arbeit woanders einsetzt, dafür beim nächsten Mal die Gruppe vorbeikommt und quasi die in an einem anderen Ort investierte Arbeit und Zeit, sowie das mitgebrachte Material oder die Lebensmittel für das anschließende gemeinsame Essen, zurückbringen.

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So gemeinsam, wie den meisten Gartenprojekten das Recycling und die Reziprozität ist, so unterschiedlich sind auf der anderen Seite die Motive, warum die Menschen Urban Gardening machen und wie sie diese Tätigkeit empfinden. Betrachtet man die Motivation der Projekte an sich, handelt es sich um ein Streben nach Ernährungssouveränität und dem Bedürfnis, dieses Bewusstsein oder das Wissen über Urban Gardening weiterzugeben. Auf individueller Ebene wird gegärtnert, weil die Menschen einen Erholungsort suchen und in den urbanen Gärten ein Stück Natur in der Stadt sehen, weil sie wissen wollen was sie essen (In Mexiko bestehet nicht die Pflicht, genmanipulierte Lebensmittel zu deklarieren), sich spirituell mit den Pflanzen verbunden fühlen, auf diese Weise autonom werden wollen oder sozialen Anschluss suchen. Dieser soziale Aspekt stellt ebenfalls eine wichtige Gemeinsamkeit der Gemeinschaftsgärten dar und ist ein wichtiger Faktor, der den Erhalt eines Gartens bestimmt. Denn die größte Herausforderung, beim urbanen Gärtnern, so empfinden die Menschen in Mexico City, ist die Motivation, Geduld und Ausdauer die mitgebracht werden muss, um der intensiven und zeitaufwendigen Arbeit begegnen zu können, zumal es fast unmöglich ist, allein einen Garten aufzubauen – man ist auf die Hilfe anderer buchstäblich angewiesen. Da es meistens zwei bis drei Jahre dauert, bis ein urbaner Garten aufgebaut ist, gilt es ständig genügend Menschen um ein Projekt zu versammeln, damit Mensch und Garten sich gegenseitig bereichern können: der Mensch pflegt den Garten und der Garten gibt dem Menschen das, was er in dem Garten sieht.

Infobox:
Laboratekio Colectico Espiral: Facebook „Laboratekio Colectivo Espiral“
Cualti México: http://www.cualtimexico.info/ und Facebook
Huerto Romita: http://www.huertoromita.com/

Comment

  • Juan Perez

    9. Mai 2014 at 12:28

    „In Mexiko bestehet nicht die Pflicht, genmanipulierte Lebensmittel zu deklarieren“ in Deutschland auch nicht….

    Ein eher konstruktiver Satz wäre: In Mexiko sowie auch in Deutschland und in der EU, besteht nicht die Pflicht, genmanipulierte Lebensmittel zu deklarieren …

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