Die Welt ist voller Lösungen 3
Hier zum Thema Bildung
Kari Louhivuori, Direktor der Kirkkojarvi Gesamtschule in Espoo, Finnland
Vor mehr als 40 Jahren führte Finnland eine Schulreform als Teil des Ausstiegsplans aus der Wirtschaftskrise durch. Das Land entschied sich für ein öffentliches, auf Gleichberechtigung basierendes Schulsystem.
Als in den 2000er Jahren die ersten Ergebnisse von PISA (Programme for International Student Assessment) bekannt gegeben wurden, zeigten sich die ersten Erfolge dieser Strategie. Der PISA-Test, der regelmäßg das Wissen von 15-jährigen Schülern in verschiedenen Ländern auswertet, ergab, dass die Finnen die besten jungen Leser der Welt sind. Drei Jahre später waren sie die Besten in Mathematik, 2006 waren Finnlands Schüler führend in den Naturwissenschaften. Sie ließen 47 Länder hinter sich.
Kari Louhivuori ist der Direktor der Kirkkojarvi-Gesamtschule in Espoo, Finnlands zweitgrößter Stadt unweit von Helsinki. Die Philosophie seiner Schule ist einfach: Kinder lernen zu Lernen und werden zugleich auf das Leben vorbereitet. Wenn eine Lernmethode bei einem Schüler nicht funktioniert, dann muss nicht der Schüler sich anpassen, sondern die Methode entsprechend adaptiert werden.
Als einer seiner Schüler aus dem Kosovo – trotz verschiedener Lernmethoden – auf ganzer Linie schulisch scheiterte, zögerte Kari Louhivuori nicht, eine für Finnland extreme Maßnahme zu ergreifen: Er ließ ihn die Klasse wiederholen. Etwas, das in Finnland sehr selten passiert und im aktuellen Bildungssystem als überholt gilt.
Zudem entschied sich Louhivuori, den Jungen zu seinem persönlichen Schüler zu machen. Der junge Besart sitzt – wenn er nicht gerade Geografie oder Mathematik lernt – an Karis Seite, wenn dieser unterrichtet. Am Ende des nachgeholten Schuljahres hat der Sohn von Flüchtlingen des Kosovo-Kriegs nicht nur eine neue Sprache erlernt, sondern auch erkannt, dass er wie alle anderen die Unterrichtsinhalte lernen kann.
An der von Kari Louhivuori geführten Schule haben 43 % der Schüler einen Migrationshintergrund. Eine Vielzahl von ihnen spricht bei ihrer Ankunft in der Schule kein Wort Finnisch. Die Lehrer der Kirkkojarvi-Schule haben sich auf die besondere Herausforderung eingestellt. Sie schufen „Vorbereitungsklassen“, die es den Kindern ermöglichen in Kunst, Sport und praktischen Arbeiten ausgebildet zu werden, während sie gleichzeitig die finnische Sprache lernen. Sie erhalten erst dann Unterricht in anderen Fächern, wenn ihr Finnisch-Lehrer dem zustimmt. Außerdem werden diese Klassen von einem Lehrer unterstützt, der auf multikulturelles Lernen spezialisiert ist.
››In Finnland gibt es weder für die Schüler noch für die Lehrer standardisierte Tests.
Es gibt keine Klassenarbeiten und keine Zeugnisse am Ende des Schuljahres. Der einzige standardisierte Test ist das Abitur.‹‹
Ab der Mittelstufe können die Schüler an Jahresabschlusstests teilnehmen, wenn ihr Klassenlehrer dem zustimmt. Dabei geht es allerdings eher um die Neugierde als um den Wettbewerbsgeist: Die Ergebnisse werden nämlich nicht veröffentlicht.
Louhivuori, so wie der Rest der Lehrkräfte, versteht die Faszination anderer Länder für standardisierte Tests nicht so recht. Ihm geht es eher darum, seine Schüler kennenzulernen, und weniger darum, ihnen das Lernen für irgendwelche Tests beizubringen.
Finnland gilt als Ausnahme im Bildungsbereich, dessen Erfolge durch seine herausragenden Ergebnisse den pädagogischen Methoden Recht geben.
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