Gewaltfreie Kommunikation – ein Erfahrungsbericht

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Wenn mich eine Person fragt, was Gewaltfreie Kommunikation (GfK) eigentlich bedeutet, antworte ich meist in etwa so: „GfK beschreibt eine Form der Kommunikation, in der ich versuche, achtsam mit mir selber, meinem inneren Leben, umzugehen und in authentischem Kontakt mit anderen Menschen zu stehen.“ Um tatsächlich ein Verständnis für die Bedeutung dieses Satzes zu erlangen, halte ich es für unabdinglich, einen Workshop zu besuchen oder auf eine andere Art die GfK kennen lernen. GfK kann und sollte primär erlebt, nicht gedacht werden.
Ich werde in diesem Artikel trotzdem mein Bestes tun, einen Einblick in die Gewaltfreie Kommunikation allgemein sowie meine Erfahrung beim Intensiv-Workshops, organisiert im Rahmen unseres EU-gefördertem Jugendprojekt, zu gewähren.

GfK-Artikel-ModellZu den Grundlagen eines GfK-Kurses gehört das Erlangen einiger sprachlicher Werkzeuge, die helfen können, mit sich selbst und anderen in Kontakt zu treten. Wichtig ist hierbei zu beachten, dass es sich tatsächlich nur um Werkzeuge handelt, die wie ein Hinweisschild den Weg zum inneren Erleben weisen können.
Mithilfe dieser Werkzeuge werden vier verschiedene Ebenen des Erlebens betrachtet. Ein Kernelement ist hier die Trennung von Beobachtung und Interpretation. Deshalb ist der erste Schritt die Wahrnehmung einer Situation, zum Beispiel eines Gesprächs.
Als Nächstes werden Gefühle identifiziert, die in dieser Situation erlebt wurden.
Der dritte Schritt beinhaltet die hinter Gefühlen liegenden Bedürfnisse.
Als Letztes wird eine Bitte formuliert, die helfen soll, das Bedürfnis zu erfüllen.

Diese vier Schritte können sowohl internal im Selbstgespräch als auch im Dialog angewandt werden

Die grundlegende Idee hinter diesen vier Schritten ist der Gedanke, dass alle Menschen bestimmte Bedürfnisse teilen. Dazu gehören beispielsweise Gesundheit und körperliches Wohlergehen, Autonomie, Empathie, Wertschätzung, Nähe, Respekt und viele mehr. Anderen eine Freude zu machen oder das Leben anderer zu bereichern gehören ebenso dazu.
Diese Bedürfnisse treiben uns an zu handeln, um sie zu erfüllen. Sie sind unabhängig von einer bestimmten Person, eines Orts oder einer bestimmten Zeit und die Ursache für Gefühle.

GfK-Artikel-4-SchritteDas Mitteilen dieser vier Schritte im Dialog kann zum Beispiel so aussehen:
„Als du mir gesagt hast, dass du dich heute doch nicht mit mir treffen willst (Wahrnehmung), habe ich mich traurig, einsam und etwas verwirrt gefühlt (Gefühle). Ich schätze Nähe und offene Kommunikation sehr (Bedürfnisse) und wollte wissen, ob du mir sagen könntest, warum du dich heute nicht mit mir treffen willst(Bitte)?

Der Workshop bestand aus einer Mischung aus einleitender Theorie und vielen Übungen, die meist zu zweit durchgeführt wurden. Einige Übungen fanden allerdings auch in einer Art Selbststudium statt. So legte beispielsweise einmal Lisa, unsere Trainerin während des Workshops, viele Kärtchen auf den Boden, auf denen jeweils ein Bedürfniswort stand. Unsere Aufgabe war es, herumzugehen und uns in unterschiedliche Bedürfnisse hineinzufühlen und uns zu fragen, wie wir diese Bedürfnisse in letzter Zeit erlebt hatten. Wurden sie erfüllt? Wünschen wir uns mehr Beachtung dieses Bedürfnisses? Die darauffolgende Runde, in der jede Person, die wollte, ihre Erfahrung teilen konnte, berührte mich sehr. Generell empfand ich die Reflexionen, die nach jeder Übung stattfanden, als sehr hilfreich und bereichernd.
Zwischen den Übungen und theoretischen Teilen leitete Lisa immer wieder kurze Meditationen an, in der wir die Möglichkeit bekamen, etwas Ruhe und wieder zu uns zu finden.
Das Wochenende empfand ich insgesamt als sehr lehrreich und spannend, durch die Intensität und den langen zwischenmenschlichen Austausch aber auch anstrengend.

Persönlich hat mir der GfK-Workshop und die daraus entstandene regelmäßige Übungsgruppe sehr viel gegeben. Ich habe jetzt ein Bewusstsein dafür, dass in einem Konflikt nicht immer eine Person Recht und die andere Unrecht hat, dass selbst wenn eine im Recht ist, es für beide Parteien hilfreich ist, einander zu verstehen anstatt zu überzeugen und dass ich mich selbst nicht dafür verurteilen muss, Urteile über andere Menschen im Kopf zu haben.

Das Konzept der GfK ist für mich sehr klar und einfach zu verstehen, dieses Bewusstsein in den Alltag zu implementieren ist oft schwieriger als gedacht. Dieses Problem wird oft mit dem Erlernen einer neuen Fremdsprache verglichen; Übung macht die Meisterin!
In meiner Erfahrung kann dies anfangs frustrierend wirken, wenn zwar das Bewusstsein, achtsam zu kommunizieren da ist, die Kommunikation reflexhaft aber alles andere als gewaltfrei ist. Allein das Bewusstsein dafür, dass eben nicht gewaltfrei kommuniziert wurde, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Ich bin sehr dankbar, dass dieser Workshop zustande gekommen ist und freue mich mit der GfK weiterhin mein Leben und jenes meiner Mitmenschen zu bereichern und in vollen Zügen einzuatmen.

 

Von einem der 11 Teilnehmer*innen des zweitägigen Einführungsworkshops in die Methode Gewaltfrie Kommunikation nach Marshall Rosenberg.

Literaturtipp: Gewaltfreie Kommunikation – Eine Sprache des Lebens, Marshall Rosenberg, z.B. hier mit 10% für Regenwaldrettung kaufen. Gibt es anderswo im Netz auch gebraucht noch günstiger & ökologischer.

 

Dieser Workshop wurde gefördert durch das EU Programm Jugend in Aktion: www.jugend-in-aktion.de
Weitere unserer Aktivitäten hier
EU_flag_yia_DE-01Dieses Projekt wurde mit Unterstützung der Europäischen Union durch das Programm JUGEND IN AKTION finanziert. Der Inhalt dieses Projektes gibt nicht notwendigerweise den Standpunkt der Europäischen Union oder der Nationalagentur JUGEND für Europa wieder und sie übernehmen dafür keine Haftung.

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