Vom Korn zum Brot

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CIMG4170Bericht von Lea:

Wir essen es jeden Tag, ob aus Roggen-, Weizen- oder Dinkelmehl, mit Sesam, Kürbiskernen oder Leinsamen, aus Hefe- oder Sauerteig, als Kasten – oder Fladenbrot. Brot gibt es aus allen erdenklichen Zutaten, in allen erdenklichen Formen und Farben und in jedem Land der Welt.

Aber wer heutzutage in Deutschland stellt unser Grundnahrungsmittel selber her? Was gehört eigentlich in einen Brotteig und viel wichtiger was nicht? Wie wird aus der Ähre das Mehl? Was für Getreidesorten gibt es und welche werden angebaut? Worin unterscheiden sich die verschiedenen Mehltypen? Diese Fragen und noch viele mehr beantwortete uns Gabriele Plappert bei ihrem Workshop „vom Korn zum Brot“.

An einem Sonntag mitten im Dezember besuchten wir einen ganz besonderen Ort in Freiburg, einen Lernbauernhof für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, den Kunzenhof. Es gibt dort einen bäuerlichen Haus- und Kräutergarten, ein Feldchen und einen kleinen See, der von der hauseigenen Quelle gespeist wird. Das Gelände wird mit Hilfe der Tiere (Esel, Ziegen, Schafe, Enten, Hühner) gepflegt. Gabriele, die den Hof seit 1986 bewirtschaftet, empfing uns energiegeladen auf dem Hof. Kaum war die Vorstellungsrunde vorbei wurden schon die Ärmel hochgekrempelt um den Teig für das Brot zu kneten. Die Zutaten waren nach 3maligen Aufsagen schnell verinnerlicht. 500g Mehl bzw. Schrot, 1 Päckchen Hefe, 300ml warmes Wasser, einen Teelöffel Salz und ganz wichtig: SONST NICHTS. Während des Knetens erzählte und Gabriele uns viel über die heutige Herstellung von Brot:

Brot stammt heute meist, wie viele andere Nahrungsmittel auch, aus industrieller Massenproduktion. Die Industrie verwendet neben Mehl jährlich 132 800 Tonnen Backzutaten für Brot und Kleingebäcken und 128 300 Tonnen für „Gebäck“ ausgegeben. Neben Säuerungsmittel, Stabilisatoren, Emulgatoren befindet sich oftmals Cystein in unserem Brot, das zur exakten Größeneinstellung von Brot und Brötchen dient. Ein Mittel, dessen Name uns nicht vertraut ist, obwohl wir tagtäglich Brot konsumieren. Cystein wird seit vielen Jahren in Asien produziert. Bis 2001 war Hauptbestandteil des Cysteins chinesisches Menschenhaar, heute verwendeten man zur „Beruhigung der Gemüter“ Schweineborsten oder genveränderte Organismen. Fakten, die wir ohne Gabriele oder entsprechende Lektüre als Verbraucher_innen nie erfahren hätten, denn unverpackte Lebensmittel benötigen in Deutschland keine Zutatenangabe.

Zwischenablage01Nach dem Kneten lernten wir die Getreidesorten Deutschlands und ihre Unterschieden kennen und lernten etwas über Emmer und Einkorn, die Getreidearten der Jungsteinzeit, und den heutigen, wirtschaftlichbedingten Monokulturanbau, durch den die Artenvielfalt der Getreidearten stark zurückgegangen ist.

Auch zeigte uns Gabriele das Dreschen mit selbstgeschnitzten Dreschflegeln, das darauffolgende Ausblasen um das Korn von der seiner Schale zu trennen und das Mahlen der Körner mit einer Handmühle aus zwei schweren Steinplatten. Wer einmal selbst gedroschen, das Korn ausgeblasen und später gemahlen hat, schätzt das Brot umso mehr. Die traditionelle Brotherstellung unserer Großeltern dauerte eben nicht die drei Minuten, die wir heutzutage brauchen um das Brot beim Bäcker auszuwählen und zu bezahlen.

Nach getaner Arbeit und einem kleinen Rundgang über den Kunzenhof war unser vorher zubereiteter Teig aufgegangen und bereit geformt und mit Lein- und Hanfsamen und Sesamkörnern gespeist zu werden um dann im Ofen zu backen. Während der Teig im Ofen immer fester wurde, verköstigte Gabriele uns mit selbstgemachten Brot, Aufstrich und Tee aus gesammelten Kräutern. Nach 40min war es soweit und wir durften unser selbst gebackenes Brot aus dem Ofen nehmen. So ging ein schöner, lehrreicher und sehr gemeinschaftlicher Tag auf dem Kunzenhof zu Ende. Für alle, die noch nie ihr eigenes Brot gebacken haben probiert es aus, denn nichts schmeckt so köstlich, wie ein selbstgemachtes Brot.

Danke Gabriele für diesen Workshop!

Wer Lust auf einen Spinnkurs bei Gabriele auf dem Kunzenhof hat,  hier gehts zum Download der Einladung dazu.

 

Zum Abschluss ein paar Zahlen zum Nachdenken über die wir während des Workshops diskutiert und uns ausgetauscht haben:

1960 bekommt ein Bauer/eine Bäuerin bei uns 20ct pro 1kg Weizen. Damals rund 66% des Brotpreise

2005 bekommt ein Bauer/eine Bäuerin bei uns 1ct pro 1kg Weizen. Rund 5% des Brotpreises.

Ein Industriearbeiter verdient im Mittel 11,30 € pro Stunde.

300 000 Bauernhöfe geben europaweit pro Jahr ihr Geschäft auf

Mehr als die Hälfte der Weltgetreideernte wird an die Milch- und Fleischtiere der westlichen Industrieländer verfüttert.

Eine Milliarde Hungernder stehen heute weltweit einer Milliarde krankhaft überernährten Menschen gegenüber.

Es könnten durch unsere landwirtschaftliche Produktionsmittel 12 Milliarden Menschen theoretisch ernährt werden

In Wien wird täglich so viel Brot weggeworfen, wie in Graz zum Essen gebraucht wird.

Zum „Schönen“ der Backwaren ist in Deutschland bis zu 200 verschiedene „Backhilfsmittel“, unter Ihnen ein guter Teil aus genverändertem Material, zugelassen

 

 

 

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